03über

Selbstporträt I, 2018

biographie

Natascha Küderli ist eine deutsch-schweizerische Künstlerin. Sie wurde am 30.07.1970 in Zürich, als Tochter einer deutschen Mutter und eines Schweizer Vaters geboren. Sie lebt und arbeitet in München.

Nach einer Ausbildung als Keramikerin studierte Natascha Küderli 1992-96 Architektur an der FH Erfurt und 1997-99 am Berlage Institute (Center for Advanced Studies in Architecture and Urban Design) in Amsterdam. 2000 war sie für das Creative Arts Department, More than Gold, während der Olympischen Spiele in Sydney und 2006-10 für das Münchner Architekturbüro SEP (Stadt Entwicklung Planung) tätig. Seit 2010 widmet sie sich ausschließlich ihrer Kunst mit Schwerpunkt Fotografie und Film. Dabei vereint sie alle ihre bisherigen kreativen Erfahrungen zu einem einzigartigen konzeptionellen Ansatz.

Während in ihrem Keramikstudium noch das einzelne, perfekte Stück im Fokus stand, geht es nach ihrem Architekturstudium nun um die Abbildung des Ganzen: Subjektive Momentaufnahmen verschränken sich kaleidoskopartig zu einem orchestrierten Gesamtkunstwerk. Durch diesen einzigartigen, künstlerischen Blickwinkel auf den öffentlichen Raum, gelingt es ihr, die unsichtbare Essenz einer Stadt einzufangen und erlebbar zu machen.
Mit der Hilfe verschiedener visueller Stilmittel, wie Fotografie, Collagen und Film, erfasst sie verschiedene Ebenen einer Stadt. Die einzelne, abgebildete Sequenz ordnet sich zwar dem großen Ganzen unter, verliert aber nicht ihre Stimme. Die unsichtbare, einzigartige Seele einer Stadt wird eingefangen und entfaltet ihren Facettenreichtum vor dem Betrachter.

Natascha bei der Arbeit

„Die Architektur ist der Körper einer Stadt. Und der Verkehr ist das Blut in den Venen und Arterien, auf den Straßen und Schienen. Im Atelier wird Natascha Küderli zur Ärztin, zerschneidet wie im Operationssaal die Gefäße mit einem Skalpell, verbindet Nervenenden neu.“

Felix Kessler, “Die Schönheit des Feierabendverkehrs”, Der Tagesspiegel, 2017

konzept

Der konzeptionelle Ansatz von Natascha Küderli liegt vor allem in der Wahrnehmung des menschlichen Lebensraums im Spannungsfeld von NATURE und URBAN. Dabei interessiert sie sich vor allem für den künstlich geschaffenen Raum der Stadt. Auf ihn überträgt Küderli die Vorstellung vom Menschsein, bestehend aus Seele, Geist und Körper: Seele und Geist einer Stadt leben im architektonisch gewachsenen “Stadt-Körper”. Der Begriff der Seele in diesem Dreiklang geht dabei über die rein spirituelle Definition hinaus. In ihrem Werk spiegelt die Künstlerin die Gesamtheit des “Ichs” einer Stadt wieder: die Summe einzelner Erfahrungen, die durch das Überschneiden, Überlappen und Kreuzen in ihrer Gesamtheit etwas Einzigartiges schafft. Und wie bei einem lebenden Organismus ist dieses “Ich” nicht statisch, sondern pulsiert, bewegt sich und passt sich immer wieder neuen Gegebenheiten an. 

In ihrer Auseinandersetzung mit dem Stadt-Körper Berlin, bildete sich bei Natascha Küderli der Wunsch, dieses Prinzip von der Collage auf das Medium Film zu übertragen. Die zuvor entstandenen Collagen bilden dabei eine Art Storyboard, das ihrer künstlerischen Version das Element der Bewegung hinzufügt. Dadurch unterstreicht der Film das Flüchtige, Vergängliche der verwendeten Momentaufnahmen.

Storyboard V 2005 - Konzeptstudie zum Film  “Berlin - Layers of Movement”, 2017

“Diese surrealen Momente entstehen in den Collagen Küderlis ohne digitale Nachbearbeitung oder Farbkorrekturen der Bilder, immer werden Farbsprünge, scheinbar unvereinbare Größenunterschiede und Proportionen, selbst ungewöhnliche Unschärfen bewusst in die Bildsprache einbezogen.”

Andrea Lesjak, collagiert, 2019

statement

“Als ausgebildete Keramikerin und Architektin hatte ich schon immer eine Begeisterung für Formen und ihre Veränderungen, Strukturen und Materialien. zu den Studien - formations & space
Gleichzeitig beschäftige ich mich schon seit langem mit Städten, deren Seele und deren geistiger Atmosphäre, weil ich wissen wollte, warum gewisse Gebäude in mir Emotionen, wie Faszination und Freude aber auch Unbehagen oder gar Furcht, auslösen können. Mir geht es um die Essenz in der Architektur: Was ist es, das uns Menschen berührt und was macht gewisse Räume, Gebäude und Städte so einzigartig? Vor allem aber, was ist eigentlich die Seele? Auf der Suche nach der Definition der Seele in der Religion, der Psychologie und der Philosophie, kam ich zu dem Ergebnis, dass die Seele sich zusammensetzt aus Wille, Verstand und Emotion. Dies führte mich zu der Erkenntnis, dass Architektur per se (Stahl, Beton, Ziegel, Holz, ...) keine Seele hat, jedoch der, der sie baut bzw. gebaut hat. Der Architekt und der Bauherr haben eine Seele und diese wird in den Gebäuden widergespiegelt. Genauso hat jeder Besucher und Betrachter eines Gebäudes oder einer Stadt eine Seele und nimmt dementsprechend das Gebäude und den Raum auf seine Art und Weise wahr und genauso verhält es sich für mich auch in der Kunst.
In meiner Kunst greife ich Themen auf wie: Bewegung, Struktur, Ebenen und Schichten (layers) in der Natur und in Städten. In diesen Ebenen und zwischen diesen Schichten ist Bewegung, in Form von Veränderung, Verformung und Transport. Bewegung erzählt, versorgt, verändert, bewegt, belebt, tanzt. Ob ich mich nun mit den Bewegungsebenen einer Stadt wie Berlin oder mit der Seele einer Stadt wie Amsterdam beschäftige, beides hat für mich miteinander zu tun.

Die Seele einer Stadt ist "in historischen Ebenen" angelegt, der Transport einer Stadt in "physischen Ebenen". Der Transport geht dabei für mich nicht in die Tiefe der Seele, belebt und versorgt aber den ganzen Körper einer Stadt. Wenn der Verkehr, vergleichbar mit Venen und Arterien, nicht funktioniert, kann eine Stadt sterben genau wie ein Körper.

Ich habe ein Herz für Städte, Menschen und Nationen. Wenn mich etwas an einer Stadt, an einem Menschen, einer Nation bzw. deren Natur begeistert, setzte ich mich damit intensiv auseinander und zeige dies dann in meiner Kunst.”